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Krankheit als Symbol und Sprache der Seele – Teil 1

Krankheit gilt einer Mehrheit in unserer Kultur weder als Sprache noch als Weg, und die Bedeutung von Symbolen ist weitgehend aus dem Bewusstsein verschwunden. Krankheitsbilder sind den meisten ausschließlich lästig und keineswegs sinnvoll.

Dr. Ruediger Dahlke,
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Moderne Menschen lernen zeitlebens weder die Spielregeln des Lebens, die „Schicksalsgesetze“, noch die Ur- oder Lebensprinzipien, jene Ebene der Ideen hinter den Dingen, die Pythagoras für Problem-Lösungen empfiehlt, lange bevor Einstein feststellte, dass Problem- und Lösungsebene zweierlei seien.    
Meine Psychosomatik anerkennt sie als etwas Grundsätzliches, das Sinn macht und hat und uns mit einer Lern- wenn nicht gar Lebens-Aufgabe konfrontiert. So lange sie ausschließlich als widerwärtige zufällige Einbrüche ins Leben gesehen werden wie in der Schulmedizin, ergeben sich keine tiefgehenden Lösungen, sondern es bleibt bei allopathischer Unterdrückung von Symptomen. Diese funktioniert in der ersten Lebenshälfte noch ganz passabel, wohingegen sie bei den chronischen Krankheitsbildern der zweiten weitgehend versagt.   
Nach den Erfahrungen mit „Krankheit als Symbol“ gehören Körper und Seele immer zusammen. Die Niere von Zimmer 17 ist ein leicht als abwegig durchschaubares Konstrukt der Schulmedizin. Dort liegt in Wirklichkeit ein Patient mit zwei Nieren und einem ganzen Orchester weiterer Organe. Er hat immer auch seelische Probleme, schon weil er sich um seine Nieren sorgt.
Auf der ganzen Welt findet sich kein Gegenstand mit Form und Gestalt, der nicht auch Sinn, Inhalt und Bedeutung hätte. Insofern steht die Schulmedizin mit ihrem Übersehen des Sinns völlig allein da. Ein sich in die Tiefe der Magenwand fressendes Geschwür hat eindeutig die Form eines Kraters und damit auch Sinn und Bedeutung. Dabei fressen Betroffene Emotionen in sich hinein. Auch bei blumenkohlartig wachsenden Tumoren ist die Form nicht zu übersehen und das Wachstumsthema offensichtlich. Die Krankheitsbilder-Deutung von „Krankheit als Weg“ bis "Krankheit als Symbol" geht auf der Basis der „Schicksalsgesetze“ dieser Bedeutung nach und konfrontiert uns mit der sich im Krankheitsgeschehen symbolisch darstellenden Lebensaufgabe.
 


Dieser deutende und nach Bedeutung forschende Ansatz entspricht auch den Erkenntnissen der modernen Physik, die als wichtigste Gesetzmäßigkeiten die Symmetrie- oder Spiegelgesetze erkennt und als zweit wichtigste die Erhaltungssätze. Dass der Körper die Seele spiegelt und umgekehrt, ist damit noch nicht bewiesen, offenbart sich uns und zunehmend auch der Wissenschaft aber immer mehr. Wo Schulmediziner glauben, mit allopathischen Unterdrückungsmaßnahmen Symptome aus der Welt schaffen zu können, widerspricht das diametral den Erhaltungssätzen der Physik. Die Medizin der Krankheitsbilder-Deutung, die nun auch schon seit über einem Jahrzehnt in die Ärzte-Fortbildung der deutschen Ärztekammer aufgenommen wurde, entspricht dagegen den Erhaltungssätzen. Aus dieser Sicht verschiebt die Schulmedizin lediglich Symptome von Organ zu Organ und Patienten von Facharzt zu Facharzt. Solche Verlagerungen von der Seele in den Körper führen zu Krankheitsbildern. Das spiegelt auch der Ausdruck Psychosomatik – von der Seele oder Psyche in Soma, den Körper.
Mein Ansatz der Deutung kehrt diesen Prozess um und erkennt in der verkörperten Symbolik die Idee und hebt diese wieder ins Bewusstsein, verschiebt also das Thema aus dem Körper zurück in die Seele.
Insofern besteht gar keine Konkurrenz zwischen dem Ansatz von "Krankheit als Symbol" und der auf körperlich-materielle Ebene fixierten Schulmedizin. Beide ergänzen sich tatsächlich gut.
Gehen wir in der Zeit zurück an den Anfang der Ursachensuche, landen wir in der Antike bei Aristoteles, der das Weltbild seines Lehrers Platon und dessen Lehrers Sokrates analysierte und dabei auf vier Ursachen stieß. Die Causa effiziens wirkt aus der Vergangenheit auf die Gegenwart, eine Causa finalis aus dieser in die Zukunft. Die Musterursache nannte Aristoteles causa formalis und dann blieb noch die bis heute unstrittige Causa materialis. Mit diesen vier Ursachen ließen sich alle möglichen Ereignisse ziemlich vollständig beschreiben. Leider kam es später zu einer unsinnigen Spezialisierung, bei der sich die Naturwissenschaften und mit ihnen die Medizin ganz auf die Causa effiziens spezialisierten und die Geisteswissenschaften auf die Zukunftsursache, die Causa finalis. Solche Spezialisierung erfasste alle Bereiche der Gesellschaft in dem Maße wie der Reduktionismus der Wissenschaft um sich griff, der uns heute eine Fülle sogenannter Fachleute bescherte, die der Volksmund nicht ohne Grund auch als Fachidioten bezeichnet.
Ein Beispiel mag das Ursachenthema konkretisieren. Beim olympischen 100-m-Lauf hocken 10 Männer am Start, die plötzlich losrennen. Die kausale Fragestellung lautet: warum? Naturwissenschaftler und Mediziner sind gezwungen in der Vergangenheit zu suchen und finden den – auch reproduzierbaren - Schuss des Startrichters. Geisteswissenschaftler dagegen finden eher den Wunsch, eine Goldmedaille zu gewinnen als Ursache, der aus der Zukunft zurück auf die Gegenwart wirkt. Tatsächlich erklärt diese Sicht viel eher, warum die Sprinter so viele Jahre so hart trainiert haben…. Die Musterursache verlangt, die Regeln einzuhalten, die niemandem erlauben, ein Moped zu benutzen oder Gegner zu behindern. Die Materialursache ist wie immer klar und allgemein akzeptiert.
Der entscheidende Unterschied zwischen Schulmedizin und meiner Psychosomatik: die Schulmedizin und mit ihr alle Natur-Wissenschaften suchen in der Vergangenheit, die sowieso nicht mehr zu ändern ist, nach Ursachen, während die Krankheitsbilder-Deutung und die Geisteswissenschaften in der Zukunft forschen, die sehr wohl noch veränderbar ist. Insofern sind sie ungleich lösungsorientierter. Wer diese Causa finalis außer acht lässt wie die Schulmedizin, wird kaum wirkliche Lösungen finden können.
Die Krankheitsbilder-Deutung nutzt alle vier Ursachen, selbstverständlich auch die Causa effiziens der Schulmedizin zum Beispiel in Gestalt von Erregern. Sie ergänzt diesen Ansatz aber immer mit der Frage nach dem Sinn der Symptomatik und regt so Patienten zu Fragen an wie: warum passiert gerade mir, gerade das, gerade jetzt, wozu zwingt es mich und woran hindert es mich?